Post-Covid-Organisationsentwicklung – quo vadis?

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Post-Covid-Organisationsentwicklung – quo vadis?

Eine der zentralen organisationalen Herausforderungen in der „Post-Covid-Ära“ ist es, die bewährten Erfolgsmuster der Zeit vor Corona mit den Erfahrungen während der Pandemie mit ihren Lockdown-Phasen in Einklang zu bringen. Das gilt auch für die Organisationsentwicklung. 

Dr. Gernot Znidar, Lehrbeauftragter des Online-Lehrgangs Organisationsentwicklung und neue Arbeitswelt über Organisationsentwicklung in Zeiten des hybriden Arbeitens.

 

Homeoffice, Remote Work und neue Prozesse: Die Digitalisierung und Flexibilisierung unseres Arbeitslebens führen zu neuen Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation. Obwohl dieser Wandel bereits seit Ende der 90er-Jahre zu beobachten ist, hat die Corona-Pandemie diesen Transformationsprozess massiv beschleunigt. Räumliche Distanz, digitale Kommunikation und „Computer supported cooperative work“ (CSCW) stellen das bisher gewohnte soziale Miteinander infrage (siehe dazu auch den Beitrag von Hubert Lobnig „In Verbindung bleiben“).

Diese Erfahrungen haben nicht nur zahlreiche Auswirkungen auf das soziale Wohlbefinden und die soziale Gesundheit vieler Menschen am Arbeitsplatz, sondern machen in Organisationen auch Änderungen und Anpassungen bestehender Kulturen, Strategien, Funktionen, Prozesse und Strukturen erforderlich.

In der Organisationsentwicklung (OE) geht es in Zukunft nicht mehr nur darum, Unternehmen, Behörden und andere Institutionen dabei zu unterstützen, ihren Weg zu finden und zu gehen. Es gilt zudem, neue Formen des Arbeitens in der Prozessgestaltung, der Kommunikation und im Einsatz von Tools effektiv anzuwenden und diese glaubwürdig vorzuleben. Warum ist das so?

 

 

Was Organisationen in der Post-Covid-Ära antreibt

Die Digitalisierung treibt spätestens seit Beginn der Nullerjahre sowohl die Globalisierung als auch die Wandlung der Wertschöpfung in Richtung von Dienstleistungen voran. Sie stellt  Organisationen vor die Herausforderung, Geschäftsmodelle sowie Organisationskultur kontinuierlich und simultan anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben (vgl. Jetter, M.; Satzger, G., Neuss, A. (2009). Es gibt zentrale Treiber dieser Entwicklung, von denen ich hier nur einige exemplarisch nennen möchte:

  • Ein intensiver globaler Wettbewerb, begleitet von steigender Transparenz (Beispiel soziale Netzwerke, Konsumentenforen, Bewertungsplattformen etc.)
  • Die Liberalisierung von Märkten und Öffnung von Kulturen als Teilaspekte der Globalisierung
  • Die zunehmende Technisierung, einhergehend mit einer hoch dynamischen IT-Entwicklung (z. B. Künstliche Intelligenz und Robotik)
  • Eine erhöhte Mobilität auf allen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ebenen, real und virtuell
  • Die Entwicklung von der Produktionsgesellschaft zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft und die damit verbundene stärkere und vor allem konsequente Kundenorientierung (‚Customizing‘)
  • Ein erhöhter Zeitdruck durch steigenden Produktivitätsansprüche und schnellere Prozesse

Zusätzlich zu Veränderungen wie diesen hat die Covid-Pandemie neue Standards gesetzt, vor allem bezogen auf den Anstieg von Homeoffice und Remote-Arbeit. Was für viele Führungskräfte und Mitarbeitende vor der Pandemie undenkbar schien, wurde plötzlich möglich. Doch nicht nur traditionelle Arbeitsprozesse unterliegen diesem dynamischen Wandel, sondern auch Beratungs-, Entwicklungs- und Veränderungsprozesse. So wird es zukünftig neben klassischen „Onsite-OE-Prozessen“ mit Präsenzveranstaltungen entweder ergänzende hybride Prozesse oder reine Remote-Prozesse geben. Willkommen in der neuen Arbeitswelt!

 

Welche Vorteile haben hybride Formen der Organisationsentwicklung?  

Der größte Vorteil einer Organisationsentwicklung mit Remote-Phasen liegt darin, dass sie Zeit, Energie und Geld spart. Die Reisetätigkeiten sinken und die Teilnehmenden können deutlich schneller produktiv werden. Hinzu kommt, dass der Wechsel von synchronen und asynchronen Phasen die internationale Kollaboration erleichert, so dass Unternehmen wesentlich mehr Menschen in Veränderungsprozesse einbeziehen können.  Die Zusammenarbeit wird zunehmend unabhängig von Ort und Zeit.

 

Wovon hängt der Erfolg von hybriden Prozessen der Organisationsentwicklung ab?

Es erfordert eine spezifische Designkompetenz, Prozesse der Organisationsentwicklung zur Gänze oder zum Teil in den virtuellen Raum zu verlagern. Digitalisierung ist kein Selbstzweck: Es lohnt sich, genau hinzuschauen, welche Dialoge und Interaktionen „onsite“ oder „remote“ besser funktionieren.  Die technologische Grundausstattung sollte leistungsstark und passend für das Vorhaben sein. Das betrifft die Hard- und Software ebenso wie die Internet-Kapazitäten. Doch neben diesen Faktoren empfiehlt es sich, die Bedürfnisse der Beteiligten bei der digitalen Zusammenarbeit zu berücksichtigen:  Dabei spielen zum Beispiel regelmäßige Pausen und Spielregeln für die Kommunikation eine besondere Rolle. 

 

Blended-OE als wertvolle Ergänzung

Ich bin seit mehr als 21 Jahren als systemischer Organisationsentwickler auch international tätig. Grundlage dieser Beratungstätigkeit war für mich immer die Haltung, dass sich die Disziplin der Organisationsentwicklung humanistischen Werten verpflichtet fühlt. Aus dieser Perspektive können die neueren Formen der hybriden Zusammenarbeit sowie der „Blended-OE-Ansatz“ wertvolle Ergänzungen zu traditionellen OE-Prozessen sein. Rein digitale Prozesse der Organisationsentwicklung stecken zwar noch in den Kinderschuhen. Im Zuge der sich rasant weiterentwickelnden Technisierung und der damit einhergehenden Digitalisierung und Digitalität lohnt es sich aber, die Entwicklungen anzunehmen, zu nutzen, kritisch auszuwerten und stetig daraus zu lernen.

Wir Menschen sind sinnliche Wesen. Um Beziehungen zu gestalten und soziale Prozesse in Gang zu bringen, gehören gemeinsame sinnliche Erfahrungen mit entsprechender Gruppendynamik und zugehörigen Emotionen sowie persönlichen Begegnungen, die für die Beziehungspflege beziehungsweise deren Aufbau unabdingbar sind. Dies haben wir bisher primär in „Onsite-Prozessen“ erlebt.  Es ist eine spannende Herausforderung, digitale Prozesse so zu gestalten, dass diese Prozessqualität auch durch hybride Formate möglich wird – die Reise geht weiter!

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