Suttnertage 2024
Suttnertage 2024
Psychosoziale Professionen im Spannungsfeld
Zwischen Identität und gesellschaftlicher Veränderung
24. und 25. Oktober 2024
Campus St. Pölten
Als Entwicklungsraum für die Gesellschaft der Zukunft sieht sich die BSU in der Pflicht, eine Plattform für Austausch zu bieten und einen Diskurs auf Augenhöhe anzuleiten. 2024 haben sich die Suttnertage mit dem Thema der Spannungsfelder, in denen sich die psychosozialen Professionen Psychotherapie, Sozialarbeit, Pädagogik und Psychologie bewähren müssen, auseinandergesetzt. Zusätzlich wurde ein Fokus auf Identität und gesellschaftlichen Wandel gelegt. Denn komplexe Identitäten entwickeln sich individuell im Laufe des Lebens und wesentlich auch in der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, ihren Identitätsnormen und Rollenbildern sowie entsprechenden Zuschreibungen.
Nicht erst die jüngsten lokalen, nationalen und globalen Veränderungen dynamisieren gesellschaftlichen Wandel ebenso wie private und professionelle Herausforderungen und Biographien. Sie dynamisieren auch Identitäten und setzen sie mithin unter Druck. Zugleich können sich Beharrungskräfte verstärken. Fragen, die daraus entstehen, werden in allen psychosozialen Berufen verhandelt. Ein entscheidendes Moment professioneller Hilfe ist die Anerkennung der Komplexität von Identität und die Berücksichtigung von Faktoren wie Kultur, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Alter oder sozioökonomischer Status.
Die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen verändern auch Identitäten. Sie fördern die Akzeptanz von bisher gesellschaftlich verdrängten Identitätsformen oder setzen sie einem abwertenden Diskurs aus – Vieles oft parallel. Gleichzeitig werden Personen durch Krieg und Verfolgung aus ihrem bisherigen Leben gerissen, müssen sich in einem anderen Staat einfinden, den Verlust von nahen Personen betrauern. Sie sind von diesen Traumatisierungen massiv beeinflusst.
Im Rahmen der Suttnertage 2024 sollte eine Auseinandersetzung mit diesen Prozessen passieren. Es wurde diskutiert, wie die Psychotherapie, Sozialarbeit, Pädagogik und Psychologie darauf reagieren können. Und wir haben gehört, wie Menschen mit den sozialen Herausforderungen ihrer Identität umgehen.
Psychosoziale Professionen im Spannungsfeld
Zwischen Identität und gesellschaftlicher Veränderung
24. und 25. Oktober 2024
Campus St. Pölten
Als Entwicklungsraum für die Gesellschaft der Zukunft sieht sich die BSU in der Pflicht, eine Plattform für Austausch zu bieten und einen Diskurs auf Augenhöhe anzuleiten. 2024 haben sich die Suttnertage mit dem Thema der Spannungsfelder, in denen sich die psychosozialen Professionen Psychotherapie, Sozialarbeit, Pädagogik und Psychologie bewähren müssen, auseinandergesetzt. Zusätzlich wurde ein Fokus auf Identität und gesellschaftlichen Wandel gelegt. Denn komplexe Identitäten entwickeln sich individuell im Laufe des Lebens und wesentlich auch in der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, ihren Identitätsnormen und Rollenbildern sowie entsprechenden Zuschreibungen.
Nicht erst die jüngsten lokalen, nationalen und globalen Veränderungen dynamisieren gesellschaftlichen Wandel ebenso wie private und professionelle Herausforderungen und Biographien. Sie dynamisieren auch Identitäten und setzen sie mithin unter Druck. Zugleich können sich Beharrungskräfte verstärken. Fragen, die daraus entstehen, werden in allen psychosozialen Berufen verhandelt. Ein entscheidendes Moment professioneller Hilfe ist die Anerkennung der Komplexität von Identität und die Berücksichtigung von Faktoren wie Kultur, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Alter oder sozioökonomischer Status.
Die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen verändern auch Identitäten. Sie fördern die Akzeptanz von bisher gesellschaftlich verdrängten Identitätsformen oder setzen sie einem abwertenden Diskurs aus – Vieles oft parallel. Gleichzeitig werden Personen durch Krieg und Verfolgung aus ihrem bisherigen Leben gerissen, müssen sich in einem anderen Staat einfinden, den Verlust von nahen Personen betrauern. Sie sind von diesen Traumatisierungen massiv beeinflusst.
Im Rahmen der Suttnertage 2024 sollte eine Auseinandersetzung mit diesen Prozessen passieren. Es wurde diskutiert, wie die Psychotherapie, Sozialarbeit, Pädagogik und Psychologie darauf reagieren können. Und wir haben gehört, wie Menschen mit den sozialen Herausforderungen ihrer Identität umgehen.
Nachlese
Die Tagungsdokumentation erfolgte im Rahmen der Lehrveranstaltung „Theoriediskurse/Symposium" unter der Leitung von DDipl.-Ing.in Magdalena Schweiger, BSc BA. Studierende der Sozialen Arbeit und der Inklusiven Pädagogik verfassten eine Nachlese aller Beiträge.
Keynotes
Prof. Dr. Ralph Sichler ist seit 2024 Professor für Psychologie an der Bertha von Suttner Privatuniversität und forscht in den Bereichen Organisationspsychologie und Führung. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählt das Buch „Autonomie in der Arbeitswelt".
In seiner Keynote beleuchtete Prof. Dr. Ralph Sichler die zentrale Rolle der Arbeit für die individuelle Identität und Selbstverwirklichung. Er eröffnete seinen Vortrag mit einem literarischen Beispiel, um die Bedeutung der Erwerbsarbeit für die gesellschaftliche Anerkennung und persönliche Identität zu verdeutlichen. Sichler zeigt auf, wie Arbeit historisch von einer Last zu einem individualisierten, marktkonformen Verständnis geworden ist, und wie eng gesellschaftliche Anerkennung mit Erwerbsarbeit verknüpft ist.
Anhand seines integrativen Autonomiekonzepts veranschaulicht Sichler die Dimensionen der „Selbstaktualisierung“, „Selbstorganisation“ und „Verantwortung“. Er betont, dass diese Aspekte wesentliche Bausteine der modernen Identität bilden und erklärt, wie sie die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung und sozialen Verantwortung fördern.
„Struktur geben, wo die Welt nicht mehr so strukturiert ist.“
Prof. (FH) Dr. Ralph Sichler, Dipl.-Psych., am 24.10.2024
Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Manuela Brandstetter ist Studienprogrammleiterin des Studiengangs Soziale Arbeit an der Bertha von Suttner Privatuniversität. Sie ist Sozialarbeiterin und Soziologin und hat sich zum Schwerpunktthema „Zum organisationspädagogischen Gestalten in ländlichen Gemeinden“ an der Universität Hildesheim habilitiert.
Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Manuela Brandstetter beleuchtet in ihrer Keynote das Spannungsfeld zwischen Solidarität und Spaltung in der gegenwärtigen Gesellschaft, die von wachsendem Wettbewerbsdruck und Abstiegsängsten geprägt ist. Sie verweist auf Theorien prominenter Soziologen Bourdieu und Castells, um die „Wiederkehr sozialer Verunsicherung“ sowie die „Triggerpunkte“ zu erläutern, an denen sich radikale Meinungen festmachen und feindliche Lager bilden. Brandstetter stellt fest, dass die moderne Netzwerkgesellschaft durch selektive, fragile Strukturen zunehmend die Mitte der Gesellschaft und deren Rechte und Pflichten gefährdet. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, fordert sie „Deutungswissen“ als essenzielle Kompetenz für psychosoziale Fachkräfte, um Ungleichheit gezielt benennen und erklären zu können. Sie sieht es als notwendig an, Sozialberufe stärker politisch zu verankern, die Bedeutung Sozialer Arbeit medial hervorzuheben und Vielfalt in der Berufswelt zu fördern, um die komplexen Bedürfnisse der Gesellschaft abzudecken.
„Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und der Druck auf die gesellschaftliche Mitte fordern uns heraus, soziale Arbeit als systemrelevante und politisch verankerte Kraft zu stärken.“
Univ.-Prof.in Mag.a Dr. in Manuela Brandstetter
Prof. Dr. Ralph Sichler ist seit 2024 Professor für Psychologie an der Bertha von Suttner Privatuniversität und forscht in den Bereichen Organisationspsychologie und Führung. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählt das Buch „Autonomie in der Arbeitswelt".
Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Manuela Brandstetter ist Studienprogrammleiterin des Studiengangs Soziale Arbeit an der Bertha von Suttner Privatuniversität. Sie ist Sozialarbeiterin und Soziologin und hat sich zum Schwerpunktthema „Zum organisationspädagogischen Gestalten in ländlichen Gemeinden“ an der Universität Hildesheim habilitiert.
Impulsvorträge
Mag.a Ulli Röshner ist Geschäftsführerin der MAKAM Research GmbH und verfügt über umfassende Erfahrung in der Marktforschung. Ihre Schwerpunkte liegen in der Analyse von Konsumentenverhalten und Markttrends.
Neben dem Impulsvortrag leitete Mag.a Ulli Röshner gemeinsam mit Dr. Christopher Schlembach den Workshop "Future Care - Entwicklung von Visionen einer proaktiven Pflegekultur“.
In ihrem Impulsvortrag und im Workshop betont Mag.a Ulli Röhsner die Notwendigkeit eines zukunftsorientierten, präventiven Pflegesystems, das die Autonomie, Lebensqualität und sozialen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen stärkt. Sie hebt hervor, wie wichtig ein ganzheitlicher, personenzentrierter Ansatz ist, der nicht nur auf die unmittelbaren Pflegebedarfe reagiert, sondern langfristige Lebensqualität in den Mittelpunkt stellt. Im Workshop arbeiteten die Teilnehmenden anhand eines konkreten Pflegefalls die Perspektiven der Betroffenen heraus, um die Lücken im derzeitigen Pflegesystem zu erkennen und das Potenzial technologischer und sozialer Ressourcen zu erfassen. Röhsners Beitrag beleuchtete damit den Bedarf an strukturellen und kulturellen Veränderungen hin zu einem Pflegesystem, das Selbstbestimmung und proaktive Unterstützung ermöglicht.
„Die äußeren Umstände lassen sich nicht beeinflussen, doch mit neuen Ansätzen und Weitsicht kann das Pflegesystem nachhaltig gestaltet werden“
Mag.a Ulli Röshner (24.10.2024)
Dr.in Katharina Auer-Voigtländer, MA, ist seit 2024 Leiterin des Departments Soziales an der Fachhochschule St. Pölten. Sie promovierte 2024 in Social Work und forscht zu Themen wie psychosoziale Gesundheit und die Inklusion geflüchteter Menschen.
Dr. Katharina Auer-Voigtländer beleuchtete in ihrem Impulsvortrag die Herausforderungen und Prozesse des Ankommens fluchtmigrierter Menschen in einem neuen soziokulturellen Kontext. Im Rahmen ihres Dissertationsprojekts untersucht sie die Handlungs- und Bewältigungsstrategien geflüchteter Menschen und zeigt, wie biografische Brüche sowie die Notwendigkeit zur Neuorientierung ihre Erfahrungen prägen.
Sie beschreibt vier Typen des Ankommens: den sich dem Kontext Beugenden, den optimistisch Erarbeitenden, den enttäuscht Suchenden und den sich autonom Entwickelnden. Auer-Voigtländer unterscheidet Sozialkapitalbeziehungen zwischen „Bonding“ (Unterstützung innerhalb der eigenen Herkunftsgruppe) und „Bridging“ (Beziehungen im Ankunftskontext zur Statushebung). Zentral für die Resilienz und Lebenszufriedenheit der Geflüchteten ist das individuelle Deutungsmuster: ob sie den Fluchtmigrationsprozess als sinnstiftend oder belastend erleben.
„Der Neuanfang fluchtmigrierter Menschen wird entscheidend durch soziale Bindungen und individuelle Deutungsmuster geprägt, die ihre Resilienz und Lebenszufriedenheit beeinflussen.“
Dr.in Katharina Auer-Voigtländer, MA
Mag.a Ulli Röshner ist Geschäftsführerin der MAKAM Research GmbH und verfügt über umfassende Erfahrung in der Marktforschung. Ihre Schwerpunkte liegen in der Analyse von Konsumentenverhalten und Markttrends.
Dr.in Katharina Auer-Voigtländer, MA, ist seit 2024 Leiterin des Departments Soziales an der Fachhochschule St. Pölten. Sie promovierte 2024 in Social Work und forscht zu Themen wie psychosoziale Gesundheit und die Inklusion geflüchteter Menschen.
Workshops
Mag. Tim Brunöhler ist seit 2022 Senior Scientist an der Bertha von Suttner Privatuniversität und forscht im Projekt START zur Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Zuvor war er Behindertenbeauftragter an der Universität Wien. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in Inklusion und Barrierefreiheit und hat international sowie in diversen Forschungsprojekten gearbeitet.
Mag. Tim Brunöhler ging im Rahmen der Suttnertage auf den beruflichen Wandel von Behindertenhelfer*innen zu inklusiv denkenden Digital(lern)coaches ein. Er führte aus, dass digitale Technologien die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen stark beeinflussen und traditionelle Rollenbilder verändern. Jüngere Fachkräfte neigen dazu, digitale Tools flexibler zu nutzen und verknüpfen berufliche und private Anwendungen stärker als ältere Generationen, die hier oft zögerlicher agieren. Digitale Hilfsmittel fördern Barrierefreiheit und Selbstbestimmung, indem sie mobile und personalisierte Unterstützung ermöglichen. Somit betont Brunöhler, dass digitale Kompetenzen und organisatorische Anpassungen für eine erfolgreiche Inklusion in der Behindertenhilfe unerlässlich sind.
„Die digitale Transformation eröffnet Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten zur Teilhabe. Dafür sind digitale Kompetenzen und organisatorische Anpassungen in der Behindertenhilfe essenziell.“
Mag. Tim Brunöhler
Univ.-Prof.in Dr.in Aglaja Przyborski ist Universitätsprofessorin für Psychotherapie an der Bertha von Suttner Privatuniversität und Vorsitzende des Senats. Als Mitherausgeberin wissenschaftlicher Fachzeitschriften und mit ihrer umfangreichen Erfahrung in Forschung, freier Praxis und Lehre umfassen ihre Forschungsschwerpunkte digitale Medien.
Mag. Johann Christian Berger, BSc ist als Psychotherapeut in Wien auf Verhaltenstherapie spezialisiert und behandelt Angst- und Panikstörungen, Sozialphobien, Zwangsstörungen, insbesondere bei jungen Menschen, bietet jedoch auch Unterstützung für Erwachsene an.
Mag.a Luzia Söllinger ist Psychotherapeutin mit Praxen in Neufelden und Weißkirchen an der Traun und spezialisiert auf die Behandlung von Angststörungen, Depressionen, Essstörungen sowie Traumata. Sie arbeitet systemisch und bietet Therapien für alle Altersgruppen in verschiedenen Formaten an, darunter Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie sowie Online-Beratung.
Dr.in Laura Wiesböck ist Soziologin und forscht zu sozialen Ungleichheiten und Arbeitsmarktstrukturen; seit April 2022 leitet sie als Principal Investigator am Institut für Höhere Studien in Wien Projekte wie GigClean, HearMeOut und CAREDEMIA. Mit internationaler Forschungserfahrung, unter anderem als Gastwissenschaftlerin an der Oxford University, ist sie zudem seit 2012 als Dozentin tätig.
Der Workshop unter der Moderation von Univ.-Prof.in Dr.in Aglaja Przyborski diente dem Austausch über vier aktuelle Forschungsprojekte im Spannungsfeld zwischen Professionalisierung und Digitalisierung. Dr.in Laura Wiesböck präsentierte ein Projekt zur Rolle informeller Reinigungskräfte als „digital entrepreneurs“ in der Gig-Economy, während Moritz Meister, MSc, Paradoxien der digitalen Selbstreflexion durch Mood-Tracking-Apps beleuchtete. Luzia Söllinger thematisierte den wachsenden Forschungsdruck auf Psychotherapeut*innen, und Johann-Christian Berger stellte psychosoziale Aspekte der Identitätsentwicklung im Jugendalter vor.
Aglaja Przyborski erläuterte einleitend eine Forschungswerkstatt, im Rahmen derer erforscht wird, wie Menschen ihre individuellen Wirklichkeiten konstruieren. Dabei verband der soziale und digitale Wandel, als übergreifendes Thema, die vorgestellten Projekte, die zeigen, wie Menschen unter Erwartungsdruck handeln und entscheiden. In der abschließenden Diskussion reflektierten alle Teilnehmer*innen gemeinsam die Vortragsinhalte im Kontext des Praxisfeldes der unterschiedlichen psychosozialen Professionen.
Bernd Rohrauer, BA MA MA ist seit 2022 Senior Lecturer an der Bertha von Suttner Privatuniversität. Er leitete Projekte zur Gemeinwesenarbeit. Seine Arbeit konzentriert sich auf sozialräumliche Ansätze und Wohnungslosenhilfe.
Bernd Rohrauer, BA MA MA leitete bei den Suttnertagen 2024 den Workshop „Shared Walks“, bei dem Teilnehmende durch gemeinsames Gehen in St. Pölten soziale Interaktionen und Raumaneignung erlebten. In Zweierteams erkundeten sie entlang vorgegebener Themen die Stadt und präsentierten ihre Erfahrungen kreativ in einer Pop-up-Ausstellung. Ziel eines Shared Walks ist das Wahrnehmen bestimmter Details im Sozialraum, der im Alltag möglicherweise weniger präsent ist.
„Psychosoziale Professionen müssen gesellschaftliche Probleme aktiv mitgestalten. Dazu zählen Maßnahmen wie die Entprivatisierung von Wohnraum und sozialpolitische Initiativen wie „housing first“, um Wohnungslosen nachhaltige Perspektiven zu bieten“.
Bernd Rohrauer, BA MA MA
Panelbeiträge
Mag. Tim Brunöhler ist seit 2022 Senior Scientist an der Bertha von Suttner Privatuniversität und forscht im Projekt START zur Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Zuvor war er Behindertenbeauftragter an der Universität Wien. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in Inklusion und Barrierefreiheit und hat international sowie in diversen Forschungsprojekten gearbeitet.
Mag. Tim Brunöhler ging im Rahmen der Suttnertage auf den beruflichen Wandel von Behindertenhelfer*innen zu inklusiv denkenden Digital(lern)coaches ein. Er führte aus, dass digitale Technologien die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen stark beeinflussen und traditionelle Rollenbilder verändern. Jüngere Fachkräfte neigen dazu, digitale Tools flexibler zu nutzen und verknüpfen berufliche und private Anwendungen stärker als ältere Generationen, die hier oft zögerlicher agieren. Digitale Hilfsmittel fördern Barrierefreiheit und Selbstbestimmung, indem sie mobile und personalisierte Unterstützung ermöglichen. Somit betont Brunöhler, dass digitale Kompetenzen und organisatorische Anpassungen für eine erfolgreiche Inklusion in der Behindertenhilfe unerlässlich sind.
„Die digitale Transformation eröffnet Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten zur Teilhabe. Dafür sind digitale Kompetenzen und organisatorische Anpassungen in der Behindertenhilfe essenziell.“
Mag. Tim Brunöhler
FH-Prof. DSA Kurt Fellöcker, MA MSc ist Leiter der Uniambulanz der Bertha von Suttner Privatuniversität. 2024 wird er mit dem Anton-Kalcher-Preis ausgezeichnet und forscht zu psychosozialer Unterstützung und digitaler Supervision.
FH-Prof. DSA Kurt Fellöcker, MA MSc beleuchtet in seinem Vortrag die Ambivalenz der Identität im Spannungsfeld zwischen psychischer Gesundheit, Selbstkonzept und Anpassungsfähigkeit. Im Rahmen des Forschungsprojekts ARSA, das sich mit der aufsuchenden Familientherapie bei sozial gefährdeten Familien befasst, wird Identität als ein dynamischer, durch soziale Interaktionen geprägter Prozess betrachtet. Fellöcker greift auf Theorien von Foucault, Freud, Erikson und Moreno zurück, um Identität als Balanceakt zwischen individueller Selbstentfaltung und Fremdzuschreibung zu erklären, bei dem sowohl Stabilität als auch Anpassungsfähigkeit eine Rolle spielen. Neuere Ansätze wie Bindungs- und Gehirnforschung sowie Epigenetik verdeutlichen, dass Identität lebenslang durch soziale Bindungen beeinflusst wird und dass psychische Gesundheit in einem dynamischen Wechselspiel zwischen festen und flexiblen Identitätsanteilen gefördert oder gefährdet werden kann. Kollektive Identitäten bieten dabei sowohl Halt als auch das Risiko starrer Rollenbilder und Ausgrenzung, besonders in Krisenzeiten.
„Identität ist ein lebenslanger Balanceakt zwischen Selbstentfaltung und Anpassung – eine Ambivalenz, die psychische Gesundheit sowohl fördern als auch gefährden kann.“
FH-Prof. DSA Kurt Fellöcker, MA, MSc
DSA Alexander Grohs, MSc, leitet seit 2017 NEUSTART Niederösterreich und Burgenland und ist für Bewährungshilfe und Gewaltprävention verantwortlich. Zudem lehrt er an der Fachhochschule St. Pölten und engagiert sich in der Gewalt- und Deradikalisierungsarbeit.
DSA Alexander Grohs, MSc spricht über die Risiken, die multifaktorielle Krisen, wie die Klimakrise oder die Corona-Pandemie, für Jugendliche mit sich bringen. Solche Krisen, die verschiedene Lebensbereiche betreffen, erschweren einfache Lösungen. Jugendliche sind besonders gefährdet, da Faktoren wie soziale Isolation, fehlende Perspektiven und digitale Abhängigkeit ihre Anfälligkeit für Radikalisierung erhöhen. Die Rolle sozialer Medien, die extremistische Inhalte durch Algorithmen verstärken, verschärft diese Problematik zusätzlich.
„Soziale Arbeit dient als wichtiges Tool, welches durch Krisenprävention und das Schaffen von Gegen-Narrativen, Jugendliche in Krisenzeiten begleiten und Radikalisierung entgegenwirken kann“.
DSA Alexander Grohs, MSc
MMag. Gerald Käfer-Schmid, Bakk. MSc ist seit 2023 Senior Lecturer an der Bertha von Suttner Privatuniversität. Er leitet seit 2019 das Institut für Organisations-, Gesundheits- und Performance Psychologie und ist in der psychotherapeutischen Lehre aktiv.
MMag. Gerald Käfer-Schmid, Bakk Msc betont die Bedeutung sozialer Identität aus umweltpsychologischer Perspektive und die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt. Die Umweltpsychologie unterscheidet natürliche, räumlich-soziale und kulturell-zivilisatorische Umwelten, wobei die Natur nachweislich zur Stressreduktion beiträgt. Da jedoch der Zugang zur Natur in Städten oft eingeschränkt ist, betont Käfer-Schmid die Dringlichkeit dieser Thematik angesichts wachsender Umweltprobleme. Soziale Identität, geprägt durch Gruppenzugehörigkeit, beeinflusst das Umweltbewusstsein und verstärkt Umweltengagement, insbesondere bei jungen Menschen.
„Die Förderung von Gruppenbildung und psychologischer Beratung ist zur Umweltkommunikation entscheidend, um umweltpsychologische Herausforderungen zu adressieren. Wissenschaftlicher Austausch bleibt dabei essenziell, um Lösungsansätze weiterzuentwickeln.“
MMag. Gerald Käfer-Schmid, Bakk MSC
Mag.a Sabine Mandl ist Senior Researcherin am Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte. Sie forscht zu Frauen- und Kinderrechten und leitet Projekte zur Stärkung marginalisierter Gruppen in Krisenzeiten.
Mag.a Sabine Mandl nimmt in ihrem Vortrag Bezug auf die Medienberichterstattung über Menschen mit Behinderungen während der Covid-19-Pandemie und untersucht deren gesellschaftliche Auswirkungen. Mithilfe des Mixed-Methods-Ansatzes zeigt sie, dass die Berichterstattung vor allem durch emotionale Diskurse geprägt war, die Schutzbedürfnisse und Ängste betonten, aber auch zur Stigmatisierung beitrugen. Menschen mit Behinderungen wurden häufig als Objekte der Fürsorge und des Mitleids dargestellt, was ihre Selbstbestimmung und Forderungen nach Inklusion in den Hintergrund drängte. Die Krisen- und Mitleidsnarrative spiegelten bestehende gesellschaftspolitische Machtverhältnisse wider und festigten historische Stigmata, während marginalisierte Gegen-Diskurse kaum berücksichtigt wurden. Dennoch verweist Mandl auf Bemühungen innerhalb dieser Gruppen, die Selbstermächtigung und Anerkennung zu stärken.
„Die Covid-19-Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen zeigte, wie emotionale Diskurse Schutzbedürfnisse betonten, dabei jedoch die Selbstbestimmung und Inklusionsforderungen der Betroffenen überlagerten.“
Mag.a Sabine Mandl
Moritz Meister, MSc, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bertha von Suttner Privatuniversität. Als Doktorand der Psychologie liegen seine Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Kulturpsychologie, Dispositivanalyse und Analyse digitaler Medien. Er leitet das Projekt "The Quantified Affect" und forscht zur Selbstvermessung am Arbeitsplatz.
Moritz Meister, MSc, referiert über Mood-Tracking-Apps, die als digitale Selbstreflexion zur emotionalen Selbstbeobachtung genutzt werden und ein Stimmungsprofil ihrer Nutzer*innen erstellen, indem diese Apps mehrmals täglich ihre Stimmung erfassen. Ziel der Apps ist es, objektive Daten über das emotionale Wohlbefinden zu sammeln, doch oft spiegeln sie vor allem subjektive Empfindungen wider. Anhand zweier Beispiele zeigte Meister, wie Menschen in belastenden Lebensphasen durch Mood-Tracking-Apps versuchen, Kontrolle über ihre Stimmung zu gewinnen. Es wurde diskutiert, inwieweit diese Apps emotionale Zustände genau abbilden und professionelle Unterstützung ergänzen können. Fragen zu Datenschutz, Messbarkeit von Gefühlen und zur Begleitung durch solche Apps standen im Fokus der Diskussion, aber auch jene nach den Ressourcen von psychosozialen Professionen, um wirksam auf soziale Veränderungen und Soziale Arbeit einwirken zu können: Meister erwähnte die Förderung von Bildung und die Reflexion von Geschlechtertollen. Er betonte, dass psychosoziale Berufe ein tiefes Verständnis für die sozialen Bezüge, welche das Verhalten der Menschen prägen, benötigen, ebenso braucht es ausgeprägte Empathie, um die Lebenswelten und Ängste der Menschen einfühlsam nachzuvollziehen.
Prof. Dr. Peter Pantuček-Eisenbacher ist seit 2018 Rektor der Bertha von Suttner Privatuniversität. Zuvor war er Professor an der FH St. Pölten und leitet praxisnahe Forschungsprojekte zur sozialen Inklusion. Er ist Sozialarbeiter und Soziologe.
Prof. Dr. Peter Pantuček-Eisenbacher beleuchtet in seinem Vortrag die Rolle der sozialen Diagnostik und Identitätsarbeit in der Sozialen Arbeit, die oft auf Zuschreibungen wie „arbeitslos“ oder „verwahrlost“ basiert, welche durch gesellschaftliche Kategorien entstehen. Er betont die Bedeutung einer umfassenden Einschätzung, die individuelle und soziale Faktoren berücksichtigt und im Dialog mit den Klient*innen erarbeitet wird. Ziel ist es, Lösungsansätze zu entwickeln, die praktische Hilfe bieten und eine Weiterentwicklung der Identität fördern. Identitätsarbeit soll den Klient*innen helfen, ein stabiles, vorurteilsfreies Selbstbild zu entwickeln, das sich von Fremdbestimmungen befreit. In der Arbeit mit Klient*innen fließen unterschiedliche Identitätsdiskurse ein, wodurch Spannungen zwischen gesellschaftlicher Fremdbestimmung und persönlicher Entwicklung sichtbar werden.
„Identitätsarbeit in der Sozialen Arbeit bedeutet, Klient*innen ein Selbstbild zu ermöglichen, das sich frei von stigmatisierenden Zuschreibungen entwickeln kann.“
Prof. Dr. Peter Pantuček-Eisenbacher
Mit freundlicher Unterstützung von: