Organisationsentwicklung und Change: Veränderungen effektiv, partizipativ und nachhaltig gestalten

Organisationsentwicklung und Change: Veränderungen effektiv, partizipativ und nachhaltig gestalten

Veränderungen und Entwicklungen in der Organisation eines Unternehmens zu initiieren und erfolgreich umzusetzen will gelernt sein. Was braucht es, um Organisationen weiterzuentwickeln und mit welchen Tools kann Veränderung gelingen?

Lehrgangsleiter Priv.Doz.Dr. Hubert Lobnig erzählt im Interview, vor welchen Herausforderungen Organisationen heute stehen, wie neue Organisationsmuster eingeführt werden können und welche Kompetenzen der Lehrgang Organisationsentwicklung und Change vermittelt.

 

Portrait Dr. Lobnig (c) Max Peternell
(c) Max Peternell

Herr Dr. Lobnig, immer mehr Organisationen sehen sich tiefgreifenden Veränderungen gegenüber. Sie versuchen sich auf neue Herausforderungen wie Generationenwandel, wirtschaftliche Krisen, Künstliche Intelligenz etc. einzustellen und versuchen innovative Strukturen und Arbeitsweisen einzuführen. Wo vorher Mikromanagement und starre Strukturen die Szenerie beherrschten, werden nun plötzlich Partizipation, Flexibilität und Agilität gelebt. Und das sehr erfolgreich. Was haben wir in den letzten Jahren gelernt und warum ist das so?

Was hat sich in der Welt der Organisationen in den letzten Jahren geändert und wo geht die Reise hin?

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass wir unsere Arbeit unter verschiedenen Bedingungen verrichten können und dass uns digitale Technologien dabei helfen. Hier hat es eine Fortentwicklung gegeben, die sich nicht mehr zurückdrehen lässt. Ein Beispiel: Vor Corona war es selbstverständlich, dass man zu Beratungen oder zu ärztlichen Konsultationen persönlich erscheint. Inzwischen werden  digitale Sprechstunden als besonders patient*innenorientierte Maßnahmen weiterentwickelt und auch psychosoziale Beratungen, Coachings und Therapien werden häufig digital durchgeführt. Nach anfänglicher Skepsis funktionieren diese Praktiken mittlerweile sehr gut und die Zusammenarbeit zwischen Patient*innen bzw. Klient*innen und Helfer*innen ist damit nicht mehr ortsgebunden. Auch Geschäftsreisen werden künftig „anders“ stattfinden. Für ein halbtägiges Meeting in Wien oder Köln wird man nicht mehr zwingend vor Ort sein müssen und das Flugzeug nehmen, sondern sich  in den digitalen Besprechungsräumen, vielleicht auch in hybriden Settings treffen. Die neuen Arbeitsformen sind in der Organisationspraxis angekommen. Nun sehen wir aber auch, dass diese Formen des Zusammenarbeitens - damit sie auch wirklich wirksam sein können - durch strukturelle Änderungen begleitet werden müssen: Dezentralisierung, Mitarbeiter*innenempowerment, laufende Feedbackprozesse und agiles, iteratives Arbeiten. Auch sehen wir, dass die jungen Generationen andere Vorstellungen haben von Führung und Zusammenarbeit und hierarchische Kulturen hier gar keine passenden Antworten mehr liefern können. Die Organisationsentwicklung ist hier zweifach gefordert: einerseits muss sie sich inhaltlich mit den neuen Themen der Organisationswelt und den sich verändernden institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beschäftigen, und andererseits ist sie selbst auch Teil dieses Prozesses und tut gut daran, ihren Werkzeugkoffer und die praktischen Kompetenzen upzudaten.

Was verstehen Sie genau unter „Organisationsentwicklung und Change“?

Organisationsentwicklung steht an der Schnittstelle zwischen Psychologie, sozialen Interventionen, Wirtschaftswissenschaften, der Pädagogik und der Interventionsforschung und ist auf einen geplanten, systematischen und langfristigen Prozess der Veränderung und Weiterentwicklung eines Unternehmens oder einer Organisation ausgerichtet. Dabei geht es um eine größtmögliche Beteiligung aller Betroffenen. Organisationen lassen sich nicht  durch technische Lösungen, Befehle und Ansagen oder „Story Telling“der Führung oder durch blosse Umstrukturierungen verändern. In Veränderungsprozessen muss man mit den Menschen zusammenarbeiten – am Sinn und am Verständnis der künftig erforderlichen Strukturen, Arbeitsweisen und Themen. In der Umsetzung muss man auf die Zusammenarbeit mit allen Betroffenen setzen und es braucht Leadership an vielen verschieden Stellen der Organisation. Professionell gestaltete organisationale Veränderungsprozesse helfen  Unternehmen, die Zukunft gemeinsam zu erfinden und umzusetzen. 

Die Erweiterung der Bezeichung unseres Lehrgangs auf „Organisationsentwicklung und Change“ ist Ausdruck eines integrativen Anspruchs. Während „Change“ Ansätze aus den Wirtschaftswissenschaften kommen, haben Entwicklungsansätze ihre Wurzeln eher in den „Humanities“. Aber in der Praxis in und mit Organisationen geht es darum genau diese Barrieren zu überwinden, Ökonomie und Mensch-Zentrierung zu integrieren und in weiterer Folge auch die gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit bzw. Transformation mit zu berücksichtigen.

Organisationsentwicklung und Change – diese Verbindung ist sowohl Handlungsansatz für die Praxis als auch ein wissenschaftliches Feld und daher ist ein solcher Lehrgang sehr gut in einem universitären Kontext aufgehoben.

Es gibt derzeit kaum Organisationen, die nicht die eine oder andere Veränderung durchmachen. Ist Change Management bereits Alltag in Organisationen geworden und warum braucht es dann dafür noch eine spezielle Weiterbildung?

Change-Prozessen sind längst in vielen Organisationen Teil des Alltags, da Unternehmen kontinuierlich auf neue Marktbedingungen, Stakeholder-Erwartungen, technologische Entwicklungen, veränderte Kundenbedürfnisse und gesellschaftliche Trends reagieren müssen. Wir beobachten jedoch, dass viele Organisationen eher spontan und „hemdsärmelig“ agieren, statt systematisch und prozessorientiert – mit der Folge, dass die Wirksamkeit begrenzt bleibt und nicht selten Überforderung bei den Akteur*innen entsteht. Häufig fehlen eine klare Struktur, fundierte Methoden und eine Haltung, die Beteiligung, Kommunikation und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellt. Genau hier setzt unser Weiterbildungsprogramm an: Wir vermitteln nicht nur Werkzeuge und Modelle, sondern vor allem die Fähigkeit, Veränderungsprozesse wirksam zu steuern und dabei die Menschen mitzunehmen. Veränderung kann leicht scheitern, wenn sie allein als Projektaufgabe betrachtet und nicht fest in die Kultur einer Organisation integriert wird. Im Lehrgang arbeiten wir daher mit systematischen, strukturierten und praxiserprobten Ansätzen und Tools für die Gestaltung von Veränderungsprozessen. So befähigen wir Change-Verantwortliche, Führungskräfte und Change-Begleitende, organisationalen Wandel zukunftsorientiert und nachhaltig zu gestalten und vermitteln ihnen jene Kompetenzen die in einer Welt ständiger Veränderungen von entscheidender Bedeutung sind.

An welche Zielgruppe richtet sich der Universitätslehrgang?

An Personen, die im Praxisfeld der Transformation von Organisationen tätig sind, in das Gebiet gerade einsteigen und schon erste Erfahrungen machen oder ihre Kompetenzen dazu auffrischen wollen. Personen, die in der Personal- oder Organisationsentwicklung tätig sind, sich aus einer Beratungs-, Expert*innen oder Führungsrollen heraus mit Veränderungsprozessen von Organisationen beschäftigen oder als Agile Coaches Unternehmen bei Change Prozessen unterstützen.

Das kann zum Beispiel auch im Rahmen eines Start-ups sein, das sich ausdifferenzieren muss und merkt, dass man mit den bestehenden Strukturen und Kommunikationsformen (z. B. des Informellen – also alle können mit allen reden) nicht vorwärtskommt und man einen strukturierten Prozess braucht, wie man sich besser organisieren kann. Dazu braucht es Wissen und Tun. Und dieses Wissen hängt sehr stark mit dem Thema der Organisationsgestaltung und Organisationsentwicklung zusammen. In unseren Modulen erfährt   man zum Beispiel, wie man Organisationen designen kann, wie man Arbeitsstrukturen für Change Prozesse gestaltet, wie man Interventionsformen wie Design Thinking, Agile Sprints, World Café, Open Space u.a. professionell einsetzt. Und ein wichtiges Thema ist immer auch die Gestaltung und Entwicklung der eigenen Rolle denn diese ist ein zentrales Instrument im Veränderungsprozess. 

Zielgruppe sind also all jene Personen, die aktiv durchführend und steuernd an Prozessen beteiligt sind und mitwirken.

Die Bertha von Suttner Universität steht für einen hohen Praxisanteil. Wie sieht es damit bei Organisationsentwicklung und Change aus?

Die Teilnehmenden werden von unserem Referent*innenteam aktiv begleitet, ihre eigenen Veränderungsprozesse im Unternehmen zu optimieren und zu gestalten. Dies betrifft häufig nicht nur Interventionen der Organisationsentwicklung selbst, sondern auch die Veränderung der eigenen Rolle, verbunden mit Lernprozessen und neuen Positionierungen im beruflichen Umfeld. In diesem laufenden Prozess der Selbstentwicklung wird eruiert, an welchem Punkt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrer Praxis stehen und wo sich individuell Lern- und Entwicklungsfragen ergeben.

Allerdings müssen wir hier auch eine Begrenzung ansprechen: Der Umfang des Lehrgangs mit 30 ECTS kann hier keine Wunder bewirken, zumal wir als Universitätslehrgang den Anspruch haben, nicht nur an den mitgebrachten Fällen und Praxisthemen der Teilnehmer*innen zu arbeiten, sondern auch die Inhalte des Programms zu vermitteln.

Sie lehren selbst, welche Expertinnen und Experten findet man noch in Ihrem Team und was ist für einen erfolgreichen Abschluss nötig?

Das Team der Referentinnen und Referenten zeichnet sich durch langjährige internationale Praxis in der Organisationsentwicklung und ausgewiesene wissenschaftliche Fachkompetenz aus. Sie kommen aus der internationalen Hochschullehre, der Unternehmensberatung, dem Coaching, der Innovationsberatung und aus der Organisations- oder Personalentwicklung.

Im Universitätslehrgang werden wissenschaftlich fundierte und in der Praxis erprobte aktuelle Theorien, Praxisansätze und Interventionsinstrumente vermittelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei in der Integration aktueller Ansätze bspw auch aus dem New Work Umfeld, s, der digitalen Praxis und systemisch orientierten Change-Ansätzen. Dieser Lehrgang wird interaktiv, innovativ und mit nachhaltigem Teamlernen sowie Vernetzungsmöglichkeiten für die Studierenden gestaltet. Die Module finden in Präsenz (auf unserem Campus in St. Pölten) und Online statt (ca je 50%). In den Online Modulen werden auch digitale Kollaborationstools vermittelt.. Der berufsbegleitende Universitätslehrgang dauert 9 Monate Jedes Modul beinhaltet eine schriftliche Pre-Work, ein Präsenzseminar und eine schriftliche Post-Work und wird einzeln abgeschlossen. Eine zusätzliche schriftliche Projektarbeit mit einer Abschlusspräsentation (Exam) führt zum Zertifikat „Diploma of Advanced Studies in Organisationsentwicklung und Change“. Anmeldungen sind jederzeit möglich.