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Moritz Meister, MSc
Titel | Anwendungsseminar: Kulturpsychologische und kritisch-reflexive Zugänge zu Fragen der ökologischen Transformation |
Untertitel | Masterstudium Psychologie, Universität Wien |
Typ | Gastvortrag |
Texte | Die akuten planetaren Krisen (Globale Erwärmung, Artensterben, Dürre, Verlust frucht-barer Böden und Versauerung der Meere) betreffen uns alle. Dennoch geht das ‚normale‘ Leben Tag für Tag weiter. In Österreich wie auch anderen Ländern des globalen Nordens basiert dieser Alltag auf systemisch und strukturell „nachhaltiger Nicht-Nachhaltigkeit“ (Blühdorn, 2020) in praktisch allen Lebensbereichen (Arbeit, Mobilität, Ernährung, Wohnen, Freizeit, Reisen). Diese „imperialen Lebensweise“ (Brand & Wissen, 2017) macht uns unweigerlich zu Mitverursacher*innen ebenjener existenzieller Krisen.
Auf psychischer Seite setzt die alltägliche Lebensbewältigung massive Ausblendungs- und Abstumpfungsleistungen voraus. Slaby (2023) spricht von „affektiver Entwirklichung“. Parallel dazu versprechen grüner Konsum, CO-2 Tracking usw. Einzelnen ein besseres Gewissen, erweisen sich aber schnell als individuozentrische Schein-Lösungen, die keinen wirklichen Ausweg aus dem oben skizzierten Dilemma bieten. Und obwohl nachhaltigere und resilientere Modi der sozialen Organisation bekannt sind (z.B. Degrowth, Kreislaufwirtschaft, Commons-Ökonomie), bleiben die allermeisten Menschen in einer scheinbar selbstverständlichen Lebenspraxis verhaftet, die von internalisierten Wachstumsimperativen bzw. Abstiegsängsten geprägt ist. Unser Handeln, aber auch unser psychologisches Wissen scheinen einer fundamentalen ökologischen Transformation bis dato nachzuhinken.
Zugleich regt sich seit einigen Jahren eine globale Debatte um alternative Ansätze, das menschliche Selbstverständnis und unsere Lage in der Welt zu konzeptualisieren. Dazu zählen etwa feministische und dekoloniale Theorien (Akomolafe, 2017; Stein et al., 2022), Ecopsychology (Plesa, 2019) und kritische Umweltpsychologie (Kühn & Bobeth, 2022). Als Aufschlag zu einem längerfristigen Vorhaben wollen wir in diesem Semester diese theoretischen Angebote zu anderen Mensch-Natur-Verhältnissen sondieren und mit kulturpsychologischem Wissen in Dialog bringen. Dabei wollen wir Reflexionsbegriffe gewinnen, in denen sich auch eine veränderte öko-soziale Praxis abstützen kann. Im Zentrum steht dabei „Affektivität“, die konstituierend für und konstituiert durch gesellschaftliche Selbst- und Wirklichkeitsbestimmung gedacht wird, sowie damit ver-bundene Möglichkeiten von Plastizität, Kritik und Transformation (Bösel, 2023; von Maur, 2023).
Da es so zentral um Affektives geht, dürfen die eigenen affektiven Reaktionen nicht zu kurz kommen, etwa auf mediale Berichterstattung, gelesene Literatur, Museumsbesuche, Dokumentationen und Filmausschnitte. Wir regen an, während des gesamten Semesters ein persönliches Forschungstagebuch zu führen, um Eindrücke und Entwicklungsprozesse zu verarbeiten. Wir werden Selbsterfahrungen und Feldbeobachtungen im Zuge von Exkursionen organisieren, z.B. in den Wald (Degen et al., 2020). Darüber hinaus bietet es sich an, im Lauf des Semesters eigene Formen ökologischer Projektarbeit (z.B. Kompostieren, Urban/Guerilla Gardening, Clean-Ups, politische/künstlerische Interventionen) oder Selbsterfahrung zu kultivieren und deren Resultate in Form von autoethnographischen Berichten (Adams et al., 2020) in das Seminar einfließen zu lassen. Didaktisch legen wir Werte auf paradigmatische Pluralität, lebensweltliche Erfahrungsnähe und ethisch-reflexive Standortverbundenheit (Slunecko, 2017).
Das Seminar soll zudem der Vernetzung mit ähnlichen Initiativen zu einer kritischen Umweltpsychologie dienen. Im Lauf des Semesters werden weitere Kolleg*innen und Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen zu Gast sein und von laufenden Forschungsprojekten bzw. Praxiserfahrungen berichten. |
Vortragende | Meister Moritz |
Beteiligung | Slunecko, Thomas: Lehre Meister Moritz: Lehre |
Datum, Zeit und Ort | Datum: 2024-10-01 - 2025-02-28 Ort: Wien, Österreich |
URL | https://ufind.univie.ac.at/de/course.html?lv=200146&semester=2024W |